Wenn deutsche Spitzensportler, ein gymnasialer Sportleistungskurs und eine Delegation Schweizer Athleten gemeinsam einen Wettkampf bestreiten, so handelt es sich mit Sicherheit nicht um ein alltägliches Ereignis. Und auch ich selbst hatte das Vergnügen, mit dieser Mannigfaltigkeit sportlicher Klassen den Jedermann-/frau-Zehnkampf in Herzogenaurach zu bestreiten. Es handelt sich hierbei um einen gewöhnlichen Zehnkampf aus 100m, Weitsprung, Kugelstoss, Hochsprung, 400m, 110m Hürden, Diskuswurf, Stabhochsprung, Speerwurf und 1500m. Auf eigenen Wunsch können die Teilnehmer jedoch in den Klassen Jedermann und Hobby antreten und so etwa die Wettkampfgewichte oder Hürdenhöhen selbst bestimmen. Für die Teilnehmer der Profiriege bleibt der Wettkampf dennoch ein DLV-konformer Zehnkampf.
Doch zuerst ein kleiner Rückblick: Vor gut vier Jahren war ich fest entschlossen, meine Spikes an den Nagel zu hängen, bis Ende dieses Sommers in mir die Idee aufkeimte, nach diesen Jahren der Pause mal wieder einen etwas größeren Wettkampf zu bestreiten. Leider – oder wie ich heute sagen würde, zum Glück – gab es nur noch einen Zehnkampf in der näheren Umgebung, eben jenen Jedermann-Zehnkampf. Damit waren Zeit und Ort klar. Mir blieben noch gut sechs Wochen, mich intensiver vorzubereiten. Zwei davon waren bereits mit Bergsteigen belegt, so dass ich mich auf diejenigen Disziplinen konzentrieren wollte, die im Rahmen unseres üblichen Trainings, das ich seit einem Jahr wieder besuchte, eher weniger abgedeckt werden. Hierzu zählt insbesondere das Stabhochspringen, mein größtes Sorgenkind. Das letzte Mal hatte ich einen Stab vor etwa vier Jahren in der Hand, und mit eben diesem Stab wollte ich auch wieder an das Springen anknüpfen. Ein kurzer Anruf bei meinem ehemaligen Trainer Stefan vom TSV Königsbrunn genügte, und ich durfte den Stab von ihnen ausleihen. An dieser Stelle nochmals ein großes Dankeschön! Somit konnten die Vorbereitungen beginnen und die Zeit bis zum Wochenende des Zehnkampfes verging wie im Flug.
Samstag morgen, den 19. September, war es dann soweit. Um 6 Uhr früh machte ich mich auf den zweistündigen Weg nach Herzogenaurach. Die Fahrt verlief größtenteils im Morgennebel, doch es versprach, ein schöner und warmer Tag zu werden. Lediglich die letzten 500 Meter zum Sportgelände wurden nochmals spannend. Durch eine Baustelle war die Zufahrtsstrasse gesperrt und das erste Umleitungsschild fehlte auch. Nach einem kurzen Gespräch mit einem Einheimischen fand sich jedoch dann die Behelfszufahrt und so holperte ich auf einem Waldweg dem Stadion entgegen. Es war acht Uhr und auf dem Platz noch nicht viel los, die erste Disziplin begann ja auch erst in zwei Stunden. Um neun Uhr holte ich dann die Startunterlagen ab und machte mich langsam für die erste Disziplin, den 100m-Lauf, warm.
Um 10:40 Uhr war es dann soweit. Jens Schulze, deutscher Meister und Europa-Cup Sieger im Zehnkampf, kündigte den Start an und stellte kurz jeden einzelnen Athleten vor. Trotz der eher geringen Zuschauerzahl war die Stimmung unter den Teilnehmern bombastisch: Es herrschte nicht, wie sonst eher üblich, Rivalität – nein, ganz im Gegenteil, jeder wurde angefeuert, egal welcher Verein oder welche Leistungsklasse. So lief ich den 100m-Lauf trotz Gegenwind in 12.21s (610 Punkte), eine Zeit, die ich und mein Trainer mir nicht mehr zugetraut hätten. Recht bald danach ging es zum Weitsprung, wo sich ein sehr spannender Wettkampf einstellte. Eröffnet wurde die erste Runde mit Weiten, die etwa so lauteten: 5.87m, 5.89m, 5.85m, 5.91m. Ich selbst reihte mich mit 5.89m ein. Damit war ich eigentlich schon sehr zufrieden, hatte ich doch nach Anlaufschwierigkeiten in letzter Zeit das Brett gut getroffen. Und auch die zweite Runde ging ähnlich über die Bühne, die sechs Meter wollten einfach nicht fallen. Erst im dritten Anlauf packten dann zwei B-Jugendliche die magische Marke, ich selbst schaffte sie zwar nicht ganz, konnte mich aber noch auf 5.93m (571 Punkte) steigern. Anschließend stand erst mal das Mittagessen an, bevor es mit dem Kugelstoß weiterging. Dass ich dort keine Glanzleistung zeigen würde, liegt einfach schon in der Relation meines Gewichtes zur 7.26kg Kugel, dennoch war ich mit 8.87m (418 Punkte) auch hier zufrieden. Den darauf folgenden Hochsprung beendete ich bei 1.73m (569 Punkte), was nur geringfügig unter meiner persönlichen Bestleistung liegt und im Rahmen eines Zehnkampfes mit Sicherheit auch als eine ordentliche Leistung einzustufen ist. Den abschließenden 400m-Lauf, wohl eine der größten „Hass“-Disziplinen der Zehnkämpfer, brachte ich schließlich noch in 57.88s (488 Punkte) hinter mich, als Ziel hatte ich mir lediglich unter 60s gesetzt. Der erste Tag konnte somit durchwegs als Erfolg verzeichnet werden, 2656 Punkte zeugten von den Leistungen.
Nicht in Punkten kann man jedoch das gemeinsame Fiebern um neue Bestleistungen, den tollen Zusammenhalt aller Athleten und das frenetische Anfeuern ausdrücken. Den Abend ließen wir beim gemeinsamen Grillen und warmen Temperaturen ausklingen. Und obwohl ich alleine angereist war, wurde es doch ein gesellschaftlicher Abend, bei dem ohne Vorbehalte des jeweiligen Leistungsstandes der Athleten viele Kontakte geknüpft wurden. Um etwa elf Uhr ging es dann zum Schlafen, um fit und ausgeruht in den zweiten Tag starten zu können.
Leider gab es für mich eben diesen Tag nicht mehr. Ein Magen-Darm-Infekt hatte mich über Nacht heimgesucht, so dass ich schon verfrüht die Heimreise wieder antreten musste. Trotz dieses enttäuschenden Endes wird mir dieser Zehnkampf wohl stets in guter Erinnerung bleiben. Ich möchte an dieser Stelle auch dem Veranstalter zu diesem tollen Wettkampf gratulieren, der durch seine perfekte Organisation wohl auch viel zur Stimmung beigetragen hat.
Zusammenfassend hat mich dieser Wettkampf und insbesondere einige Teilnehmer des Sport-Leistungskurses davon überzeugt, dass Leichtathletik – auch in der Königsdisziplin Zehnkampf – ein Sport für Jedermann ist und es nicht immer nur auf das Ergebnis ankommt, sondern man vielmehr den Spaß am Sport nicht verlieren sollte. Ja, ich werde meinen Entschluss (die Spikes an den Nagel zu hängen) revidieren und nehme mir hiermit fest vor, nächstes Jahr, wenn es wieder Zehnkampf für Jedermann heißt, erneut teilzunehmen.
Zehnkampf für Jedermann/-frau
Veröffentlicht in 2009.